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GEWALT – rechtsextreme, rassistische, antisemitische 

Menschen, die sich als Teil einer rechtsextremen Szene verstehen, legitimieren Gewalt gegenüber Anderen oftmals durch die vermeintliche Ansicht, dass das Recht der Stärkeren umgesetzt werden müsse. Das Recht der Stärkeren bedeutet in diesem Kontext, dass rechtsextreme, rassistische und antisemitische Gewalttaten als notwendige Mittel zur Herstellung ihrer Ansicht einer gesellschaftlichen Ordnung dient (vgl. Versteckspiel; 2017: S. 31).

 Rechte Straftaten bestehen seit der Beendigung des Nationalsozialismus fort und fordern immer wieder Todesopfer in der Bundesrepublik. Die Gesamtzahl der offiziell anerkannten Todesopfer ist aber dennoch kritisch zu betrachten und zu analysieren. Die offiziellen Zahlen und die Zählungen zivilgesellschaftlich relevanter Träger weisen eine große Differenz auf. Der NSU Untersuchungsausschuss beispielsweise kritisierte, dass die polizeiliche Erfassung rechter Tötungsdelikte mangelhaft sei. Als Reaktion auf diese Kritik erfolgte eine erneute Überprüfung der Zahlen in verschiedenen Bundesländern und führte dazu, dass nachträglich weitere Todesopfer als Opfer rechtsextremer Gewalt eingestuft wurden (vgl. Thüringen24; 2018).

Feindbilder der rechtsextremen Szene sind einer permanenten Bedrohung, Entwürdigung und Herabsetzung ausgesetzt. Da Gewalt in rechten Ideologien als notwendiges Mittel zur Umsetzung einer gesellschaftlichen Ordnung angesehen wird, finden sich gewaltverherrlichende Symbole, Bilder und Codes auch auf Kleidungsstücken, Musikcovern, Fahnen, Postern und auch Band- sowie Kameradschaftsnamen wieder. Dieses offensive Zeigen von Gewaltabbildungen soll nach außen hin Stärke, Macht und Kampf signalisieren. Auch die Ausbildung von RechtsextremistInnen an der Waffe zeigt, dass die Szenen von Fanatismus, Herrschafts- und Allmachtsfantasien geprägt sind. (vgl. Versteckspiel; 2017: S. 30ff.)

Anhand folgender Beispiele (einige von vielen) wird die Bedeutung von Gewalt für die rechtsextreme Szene sichtbar:

  • „300“ – Die Identitäre Bewegung bedient sich sowohl an den Symbolen (Lambda), als auch an der Message des Films „300“ (bezieht sich auf eine Legende, nach der 300 Spartaner sich einer Übermacht Perser entgegenstellen). Der Opfergang für das eigene Volk geht einher mit Kampfesstärke, Verachtung der Schwächeren und Todesmut.
  • „Landser“ – Name einer ehemaligen neonazistischen Band, welcher an den verbrecherischen Krieg des III. Reiches erinnert und diesen verherrlicht.
  • „White Power“ – Erniedrigung aller, die nicht zur „weißen Rasse“ gehören und Legitimierung der Gewalt gegenüber allen Menschen, die nicht dazugehören. 
  • „KKK“ – Alle, die sich der Symboliken des Ku-Klux-Klans bedienen, bekennen sich zu rassistisch motivierten Morden.
  • „Rosarote Panther“ -  Auch als Paulchen Panther bekannt, wurde als Stilfigur im Bekenntnisvideo der NSU Morde verwendet und verhöhnt die Opfer, die bei den Anschlägen des Nationalsozialistischem Untergrundes ums Leben gekommen sind.
  • „Hools“ – Extrem rechte Ultragruppen, denen die dritte Halbzeit (also die Schlägereien nach dem Spiel) genauso wichtig ist wie das Fußballspiel selbst. Der Umgang mit Hooligans ist in den vergangenen Jahren repressiver geworden und eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Projekten nimmt sich dieser Problematik an.
  • „Eisernes Kreuz“ – Das Eiserne Kreuz ist neben dem Hakenkreuz oder der Schwarzen Sonne das wohl bekannteste Symbol aus der rechtsextremen Szene (wobei die Verwendung des Kreuzes nicht unbedingt auf eine Zugehörigkeit zur rechten Szene hinweisen muss!). Das Kreuz soll in diesen Kreisen ein Bekenntnis zum Militarismus und zur martialischen Männlichkeit ausdrücken.
  • „Good night left side“ (Gute Nacht Linke Seite) – Als Pendant zum antifaschistischen Statement „Good night white pride“ (Gute Nacht weißer Stolz) und als Ausdruck der Billigung von Gewalt gegenüber dem politischen Gegner (vgl. Versteckspiel; 2017: S. 7ff.).

Rechtsextreme, rassistische und antisemitische Gewalt richtet sich oftmals gegen Menschen, denen eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe unterstellt wird. Opfer und TäterInnen kennen sich zumeist nicht. Die Betroffenen von rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt werden nicht als Individuen angesehen, sondern als StellvertreterInnen für eine ganze Gruppe. Physische und psychische Verletzungen, Ausgrenzung und Herabwürdigung setzen dem Opfer auch noch lange nach der Tat zu, da die Person wegen etwas angegriffen wird, wofür sie nichts kann (Hautfarbe, Haarfarbe usw.) (vgl. Bröhenhorst, Achim/Harney, Kristin; 2017: S. 43). 

Diese sogenannte „Botschaftstat“ kann sich gegen Einzelne richten, entfaltet ihre Wirkung aber weit über das Individuum hinaus. So können vereinzelte No-Go- Areas entstehen, die von ganzen Gruppen gemieden werden, um sich nicht der Gewalt auszusetzen (vgl. Bröhenhorst, Achim/Harney, Kristin; 2017: S. 43).

Darüber hinaus entfaltet diese Gewalt gezielt ihre Wirkung auch gegen demokratische Werte und Menschenrechte. „Ein Angriff aufgrund von Ungleichwertigkeitsvorstellungen und Menschenfeindlichkeit ist damit gesamtgesellschaftlich als Angriff auf eine demokratische und menschenrechtsorientierte Gesellschaft anzusehen“ auszusetzen (vgl. Bröhenhorst, Achim/Harney, Kristin; 2017: S. 44).

 

Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit sind ein hervorstechendes Merkmal der rechtsextremen Szene. In der Arbeit mit Personen, die sich von der rechten Szene lösen wollen, ist es umso wichtiger, die vorhandenen Gewalterfahrungen zu bearbeiten und zu reflektieren. Hierbei geht es unter anderem auch um die Entwicklung von Strategien zur Aggressionsbewältigung bis hin zum generellen Gewaltverzicht. Eine Herangehensweise hierfür ist die Besprechung von Rechtfertigungsstrategien, die viele StraftäterInnen immer wieder verwenden und somit ihren Gewalt- und Tatkreislauf nicht unterbrechen können. Beispiele für diese Rechtfertigungen – auch Ausreden genannt – können sein: „Langeweile“, „Falsche Freunde“ und „Drogen“.  Wesentliche Bestandteile des Ausstiegsprogramms stellen die Tatkonfrontation, also die Auseinandersetzung mit Gewalttaten, die Besprechung der Opferperspektive sowie die Thematisierung von rechtlichen Konsequenzen dar. Ziel ist es, die Aggressionsschwelle der GewaltstraftäterInnen anzuheben, die Konsequenzen von psychischer und physischer Gewalt begreifbar zu machen, alternative Verhaltensstrategien zu entwickeln und gewaltfreie Konfliktlösestrategien zu erarbeiten. Erst wenn sich AussteigerInnen aus der rechtsextremen Szene darüber bewusst werden, dass ein straffreies Leben nur ohne Gewaltausübung möglich ist und dieses gewaltfreie Leben nicht mit einer Zugehörigkeit zu einer rechtsextremen Szene vereinbar ist, sind wichtige Grundbausteine für einen erfolgreichen Ausstieg und dessen Nachhaltigkeit gelegt (vgl. Jende; 2015: S. 53). 

Die AUSSTIEGSBERATUNG bearbeitet mit den KlientInnen die Konsequenzen von ausgeübter Gewalt, thematisiert die Opferperspektive, übt Strategien zur Aggressionsbewältigung und trägt dazu bei, mangelnde historische und damit allgemeine Bildung nachzuholen.

Quellenverzeichnis

  • Bröhenhorst, Achim/Harney, Kristin; 2017: Verbotene Aktionen – Kriminalität im Kontext rechtsextremer Zugehörigkeit; in: Timo F. Neonazi- Begleitmaterial zur Biografie Neonazi von Timo F.; Landeszentrale für politische Bildung; Schwerin.
  • Jende, Sebastian; 2015: Qualität in der Ausstiegsberatung; Drudel 11 e.V. Thüringer Beratungsdienst; 2. Auflage;  Jena.
  • O.A.; 2018: Mehr Tote durch rechte Gewalt in Thüringen?; aus: https://www.thueringen24.de/erfurt/article214236189/Mehr-Tote-durch-rechte-Gewalt-in-Thueringen.html (abgerufen am 07.09.2018).
  •  O.A.; 2017: Versteckspiel; Agentur für soziale Perspektiven e.V., Ausgabe 2017; 14. Auflage; Berlin.