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KLEIDUNG als Erkennungsmerkmal 

Menschen sind in ihrem Charakter, ihrem Aussehen und ihren Vorlieben sehr verschieden. Sie alle wollen als soziale Wesen auch in der Gemeinschaft aufgenommen und dort in ihrer Verschiedenheit anerkannt werden. Sie möchten aber auch als Individuen wahrgenommen werden und sich durch beispielsweise ihren Kleidungs- oder Sprachstil von anderen unterscheiden. So wird Jugendsprache explizit von Jugendlichen gesprochen, um sich von Erwachsenen abzugrenzen. Aber auch über die Kleidung findet eine solche Abgrenzung als Ausdruck individueller Lebensart statt. Gerade Jugendkulturen sind davon geprägt. Die getragene Kleidung verstärkt dabei sowohl das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit als auch das Gefühl der Abgrenzung. Gleiches gilt für die Mode aus der rechtsextremen Szene. Tragen Menschen erkennbar rechtsextreme Kleidung, werden sie auch als Angehörige dieser Szene erkannt. Da die Szene für ihre ausgeübte Gewalt und ihre menschenverachtende Ideologie bekannt ist, meiden Menschen ohne rechtsextremistische Gesinnung die TrägerInnen. Das hat zur Folge, dass sich der Freundeskreis immer mehr spezialisiert und ein Ausstieg aus der rechtsextremen Szene unwahrscheinlicher und komplizierter wird. 

Thor Steinar ist eine der meistgetragenen Modemarken der rechtsextremen Szene, deren Hersteller sich offiziell betont unpolitisch äußern. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, warum ausgerechnet diese Marke sich in der Szene so großer Beliebtheit erfreut. Beispielsweise werden Aufdrucke wie „Nordmark“ verwendet – so hieß auch eine ehemalige SA-Gruppe in Norddeutschland. Aber auch Tarnfleckmuster fallen auf. Solche sind aktuell sehr häufig in verschiedenen Jugendkulturen Mode. Jedoch benutzen die Hersteller bei Thor Steinar ein Muster, das der Splittertarnoptik, die zeitweise von der Waffen-SS getragen wurde, zum Verwechseln ähnlich sieht. Die Anklänge an die Ideologie des III. Reiches werden also explizit gesucht. Dadurch steigt die Attraktivität für die rechtsextreme Szene.“ (Elternratgeber Thüringer Beratungsdienst; 2013: S. 24)  

Das Angebot von rechtsextremer Kleidung ist groß, vielfältig und ständig in Veränderung begriffen. Nicht immer ist dabei auf den ersten Blick ersichtlich, warum einzelne Marken den Träger als Rechtsextremisten ausweisen. So sind Pullover und T-Shirts mit dem Schriftzug CONSDAPLEeindeutig der rechtsextremen Szene zuzuordnen. Denn sie kann ausschließlich in rechtsextremen Szeneläden und über rechtsextreme Versandhandel erworben werden. Der Name selbst ist ein Kunstwort, das an den englischen Begriff constable(engl. Polizist) angelehnt ist. Bei offen getragener Jacke sind dann von dem darunter befindlichen Markennamen nur die Buchstaben NSDAP erkennbar (Vgl. Elternratgeber Thüringer Beratungsdienst; 2013: S. 24 f.). Die NSDAP war die Partei des Dritten Reiches, deren menschenverachtende Ideologie noch bis heute von Neonazis verbreitet wird. 

„Eine Marke, deren rechtsextremer Hintergrund viel weniger offensichtlich ist, heißt Rizist. Mit Rizist wird weniger „klassische“ Mode für Rechtsextreme verkauft, sondern Kleidung, die eher von Anhängern der Hip-Hop-Szene getragen wird. Der Schriftzug, der im Stil von Graffiti gehalten ist, lässt auf den ersten Blick nichts Auffälliges vermuten. Die Marke ist in Anlehnung an das englische Wort „to resist“ entstanden und soll auf den Aspekt des Widerstandes gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung hinweisen. Die TrägerInnen zeigen damit also ihre antidemokratische Gesinnung. Die Hersteller von Rizist, die sich beispielsweise des Versandhandels Ostfront bedienen, richten sich an ein eher szeneuntypischeres Publikum bzw. an Menschen, die sich am Rand der rechtsextremen Szene befinden. Durch die Schwierigkeit, diese Marke eindeutig zu erkennen und zuzuordnen, wird einmal mehr das Versteckspiel um verbotene Zeichen und Symbole, das diese Szene prägt, deutlich. 

Weitere Beispiele für sehr bekannte Marken mit eindeutig rechtsextremen Bezug sind Ansgar Aryan, Erik and Sons und Masterrace Europe („Herrenrasse Europa“). 

Es gibt weitere Modelabels und Sportmarken, die häufig von Anhängern der rechtsextremen Szene getragen werden. Die Hersteller selbst distanzieren sich jedoch von ihrer rechtsextremen Kundschaft. Als eine der bekanntesten Marken ist Lonsdale zu erwähnen. Diese ist eine traditionelle Boxsportmarke. In der rechtsextremen Szene erfreut sie sich so großer Beliebtheit, weil bei halbgeöffneter Jacke nur die Buchstaben NSDA zu sehen sind. Diese Buchstabenkombination wiederum soll vom Träger einen Hinweis auf die NSDAP, die Partei des Dritten Reiches und ihre menschenverachtende Ideologie, geben. Die Hersteller von Lonsdale gingen jedoch sowohl auf rechtlichem Wege als auch mit Hilfe von groß angelegten Kampagnen z.B. „Lonsdale loves all colours“ deutsch: „Lonsdale liebt alle Farben“ gegen den Ruf als rechtsextreme Kleidungsmarke vor. Weitere Marken, die zeitweise von der rechtsextremen Szene vereinnahmt wurden, sind folgende: Ben Sherman, Fred Perry, Alpha Industries, New Balance. Die Gründe dafür sind vielfältig, oftmals spielt jedoch eine ansprechende Symbolik, die dann von den Rechtsextremen nach Belieben interpretiert wird, eine große Rolle. Beispielweise prägt ein Lorbeerkranz die Oberbekleidung von Fred Perry und auf den Schuhen von New Balance ist ein großes „N“ abgebildet, was die Rechtsextremen in Bezug auf das Wort „Nationalsozialisten“ deuten.“ (Elternratgeber Thüringer Beratungsdienst; 2013: S. 25 f.)   

 

Quellenverzeichnis

Elternratgeber, Thüringer Beratungsdienst – Ausstieg aus Rechtsextremismus und Gewalt; 2013: Rechtsextremismus – das betrifft mein Kind? Ratgeber für Eltern (Broschüre).